ORTE PAUL CELANS

 

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Neben den Briefwechseln mit Nelly Sachs und Ingeborg Bachmann fällt zwischen den Betonpfeilern des Marbacher Literaturarchivs vor allem der Briefwechsel mit Franz Wurm auf. Es gibt wenig Indikatoren dafür, zu wem Celan wirklich Vertrauen hatte, ob es Freundschaften gab. Daß ein Briefwechsel mit Franz Wurm existiert, der äußerst umfangreich ist und keinen Vergleich hat – er ist etwa dreimal so groß wie der mit Nelly Sachs –, legt die Vermutung nahe, daß hier der scheinbar schrankenlose Antisemitismus-Verdacht Celans, der sich auch auf viele Juden erstreckte, eingedämmt werden konnte, daß es hier Nähe gab. Diese Nähe konnte sich für Celan allenfalls bei Menschen gleichen Schicksals herstellen.

Franz Wurm lebt seit 1949 in Zürich. Er ist, wie die anderen wichtigen Briefpartner Celans, selbst Lyriker. Aber die Gemeinsamkeiten mit Celan – die, welche eine Nähe herstellten, die auch Celans psychische Krisen überdauerte –, sie sind vor allem biographischer Natur. Wurm ist ein deutschsprachiger Jude aus Prag, sechs Jahre jünger als Celan. Wie Celan ist er in einer deutschsprachigen, jüdischen Diaspora aufgewachsen, in slawischer Umgebung; wie bei dem Bukowiner Celan ist das kakanische Element, das Habsburgerreich, prägend für die Wahrnehmung der eigenen Identität gewesen. Diese spezifischen deutschjüdischen Kulturinseln inmitten slawischer Bevölkerung haben seit der Judenermordung der Nazis keinen geographischen Ort mehr; sie überdauern als Erinnerung, im Exil.

Der 1926 geborene Franz Wurm leitet seit mehr als zwanzig Jahren das Feldenkrais-Institut, das der Pädagogik von Moshe Feldenkrais verpflichtet ist. Vorher hat er sich mit diversen Tätigkeiten im kulturellen Milieu durchgeschlagen, als Übersetzer etwa oder als Rundfunkjournalist. Daß er seit zwanzig Jahren an einer »langen Angelegenheit in Versen« schreibt, erwähnt er am Rande; auch, daß das Buch jetzt in einem kleinen Zürcher Verlag erscheinen werde.

Es gibt eine Schlüsselsituation in seinem Leben, die mit jener im Leben Celans sehr eng zusammenhängt. Wurm war dreizehn, als er ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn in Prag von seinen Eltern »in den Zug gesteckt« wurde, um nach England zu fliehen – ein Buchhalter im Geschäft des Vaters, Mitglied der Sudetendeutschen Partei, hatte mit viel Schmiergeld die Ausreisegenehmigung von der Gestapo verschafft. Wurms Eltern bekamen diese Genehmigung nicht:

Für Erwachsene war das höchstens ausnahmsweise möglich.

Als die Nachricht kam, daß das Visum für England telegrafisch an der holländischen Grenze liege, blieben noch eineinhalb Stunden bis zur Abfahrt. Wurm wurde in ein Taxi gesetzt, um den Verwandten Adieu zu sagen; der Vater nahm ein Taxi, um die nötigen Formulare und die Fahrkarten zu besorgen; die Mutter packte zu Hause; und man traf sich am Bahnhof. Daß er hier seine Eltern wohl zum letztenmal sehen würde, das ahnte der Dreizehnjährige schon zu diesem Zeitpunkt. Seine Eltern kamen wie fast seine gesamte Familie in Auschwitz ums Leben.

»Die diversen Fäden, die sich da zusammenfinden«, sagt Wurm, »das war bei ihm so ähnlich wie bei mir. Und das hat dann diese merkwürdige, gemeinsame Wellenlänge ergeben. Denn wir haben manchmal, auch telefonisch, wirklich wortlos miteinander verkehrt.« Es wurde zwischen beiden oft lange geschwiegen. Wenn Wurm sein Verhältnis zu Celan beschreibt, hat das nichts von dem Anmaßenden, Gewollten, das sonst öfter von Bekannten zu hören ist, die sich mittlerweile auf ihre »Freundschaft« zu Celan berufen.

Wurm spricht vorsichtig über das, was er mit Celan erlebt hat; sich selbst nimmt er fast immer zurück. Was die Nähe zwischen ihm und Celan ausmachte, auch in den Krisensituationen, die bei vielen anderen zu Zerwürfnissen führten, scheint etwas damit zu tun zu haben. Was man allgemein als Celans »Verfolgungswahn« bezeichnet, ist für Wurm mit einer übersteigerten Empfänglichkeit erklärbar:

Jede Frau, wenn sie in der Nacht allein auf der Straße geht, spürt auf fünfzig Meter, auch wenn sie es nicht hört, ob jemand hinter ihr geht. Diese Empfindlichkeit steckt in uns allen. Wenn wir allein nachts in einem Wald sind, spüren wir das. Und diese allgegenwärtige Empfindlichkeit auf Gefahren ringsum – die hat Celan gehabt.

Wurm erzählt von einer Situation, als Celan wieder einmal überraschend nach Zürich gekommen war: er kam in eine Runde, in der auch eine tschechische Bekannte Wurms saß. Celan saß eine Weile wortlos da, bevor er plötzlich zur Tür ging.

Er hat nur gesagt, ich solle aufpassen bei dieser Frau. Das sei eine gefährliche Person.

Am andern Morgen fuhr er mit dem ersten Zug nach Paris zurück. Zwei Jahre später erfuhr Wurm, daß es sich um eine tschechische Stasiagentin handelte, die einiges Unheil angerichtet hatte.

Dieses Sensorium wurde für Celan manchmal unerträglich. Es war für ihn damals unmöglich, in derselben Stadt wie diese Frau zu bleiben.

Zwischen Celan und Wurm sei es nur einmal zu einer gespannten Situation gekommen: als nämlich ihre unterschiedliche Verarbeitung der jüdischen Identität aufbrach. Das ließ sich aber durch ein Gespräch auflösen.

Ich hab mich diesen Situationen bei ihm nie in den Briefen gestellt. Denn ich habe das Gespür dafür gebraucht. Ich habe seine Augen sehen müssen, seine Haltung.

Die Beziehung Wurms zu Celan fällt in dessen letztes Lebensjahrzehnt. Sie lernten sich durch das gemeinsame Interesse an René Char kennen – einem Lyriker, der sich allmählich vom Surrealismus gelöst hatte. Char gab Wurms Übersetzungen seiner Gedichte an Celan weiter, damit dieser sie begutachte. Die gemeinsame Arbeit an der Sprache war im folgenden der Bezugspunkt zwischen Celan und Wurm.

Obwohl Franz Wurm in Oxford studiert hatte und sich ihm in England die Chance bot, in die »geschlossene Gesellschaft« der Upperclass aufzusteigen, war es für ihn bei Kriegsende klar, daß er ins deutsche Sprachgebiet zurückkehren wollte: 

des Schreibens wegen.

Die deutsche Sprache war für ihn abseits dessen, was er in ihrem Namen erlebt hatte – »es war eine andere deutsche Sprache als in Deutschland oder Österreich«. Wurms Diktion, obwohl sich manche schweizerdeutsche Einschleifungen bemerkbar machen, ist immer noch von der kakanischen Sprachmelodie geprägt; eine unverkennbare, althabsburger Klangfarbe ist im Hintergrund hörbar. Und er erinnert daran, daß auch Celan bis zuletzt das Czernowitzer Deutsch gesprochen hat, mit der spezifischen Diphtongisierung bei Wörtern wie »Klan-g«, »Din-g«, »gegan-g-en«.

Wurm arbeitete 1947 in der Londoner Fleet Street, bei einer Finanzwochenzeitschrift. Der Atmosphäre dort, im Mekka des Pressewesens, wollte er ziemlich schnell entfliehen – da sei man mittags in den Cafés gesessen und habe sein Sandwich gegessen, zum großen Teil seien das Anzeigenacquisiteure gewesen, und alle saßen da, ob Anfang zwanzig oder fünfzig, sechzig und darüber, »und redeten von den großen Romanen, die sie einmal schreiben würden«. Das war für Franz Wurm bedrohlich.

Ich sah mich schon dort sitzen und davon reden, was ich einmal schreiben würde. 

Er wollte weg von der Presse. Er wollte zur Literatur.
Die Herkunft, aber auch dieser Zug zum Primären mag es wohl gewesen sein, der zur »merkwürdigen, gemeinsamen Wellenlänge« mit Celan geführt hat. Celan fühlte sich in seinem, dem deutschen Sprachraum nicht verstanden. Die ausufernde Beschäftigung der Literaturwissenschaft mit seinen Gedichten, die schon zu seinen Lebzeiten einsetzte, ließ ihn im besten Fall »gleichgültig«, erinnert sich Franz Wurm, »er hat das auch hingenommen als Reklame. Er wollte ja gehört werden. Er war kein Schubladenschreiber; er hat sich als Ankläger und Gewissen gefühlt.« Doch ein wirkliches Gespräch über Gedichte fand fast nur mit Dichtern selbst statt.
Celan war immer auf der Suche nach einem Deutsch, das seine Hochsprache wäre, mit der Sprache des Dritten Reichs aber nichts zu tun hätte. Fachtermini aus der Botanik, aus der Geologie und Mineralogie spielten dabei eine große Rolle, sie waren eine Art »neutrale Quelle«, sagt Franz Wurm. Daß Celans Sprache sowohl die Sprache seiner Mutter als auch die der Mörder seiner Mutter war, bildete sein Leitmotiv. 

Er hat sich abgemüht, diese beiden Sprachen zu unterscheiden, auseinanderzuhalten. Darüber hat es ab und zu recht gequälte Gespräche gegeben.

Celan habe seine Wörter dort gesucht, wo sie nicht politisch verfärbt werden konnten, wo sie unbelastet waren. Celan mischte im Gespräch gern jiddische und slawische Brocken durcheinander, konnte sich in Wortwitze und Wortspiele hineinsteigern, »es gibt ja richtig verspielte Blödsinnsgedichte von ihm« – doch bei der Suche nach einer originären Sprache, die sich der Vereinnahmung entzieht, entfernte er sich immer mehr vorn Jargon des Alltags.

Wurm besitzt eine Kopie eines unveröffentlichten Gedichts von Celan, das eine sudetendeutsche Bezeichnung von »Lupine« als Titel trägt, »Wolfsbohne«, und von dem Wurm sagt, daß Celan hier »wie wohl nirgends sonst die quälende Problematik seiner Lage direkt ausspricht«. Celans Mutter hatte das Wort »Wolfsbohne« von ihrem Aufenthalt als junges Mädchen in Böhmen mitgebracht – und sie hat diese Zeit ihm gegenüber als die glücklichste in ihrer Jugend bezeichnet. Im Briefwechsel mit Wurm, der aus Böhmen kommt, taucht dieses Wort dann unvermutet auf – doch der Zusammenhang wird nicht ausdrücklich hergestellt, er ist auch für das Gedicht nicht wesentlich.

Wenn wir über Gedichten saßen und er merkte, daß ich an einer Stelle Schwierigkeiten hatte, hat er das Blatt genommen und mir die Stelle nocheinmal vorgelesen, ein- oder zweimal. Erklärt hat er’s nie. 

In den sechziger Jahren wurde Celan ständig der Vorwurf gemacht, er werde immer karger, unverständlicher, »ihm gehe die Luft aus«. »Er war dankbar für einen Vergleich mit Anton Webern, den ich deswegen einmal gezogen habe«, sagt Franz Wurm:

Diese aufgefächerte, versetzte Musik – doch wenn sie richtig aufgeführt wird, hört man eine förmlich Schubertsche Melodie dazwischenstehen. 

Celan war einmal fast eine Woche in Zürich, anläßlich von Rundfunkaufnahmen, die Wurm für ihn organisiert hatte. In diesen Tagen fand auch eine Lesung im Zürcher Theater am Hechtplatz statt, und der Unterschied dieser Lesungen – einmal in der Rundfunkkabine, und einmal öffentlich vor Publikum – wurde für Wurm zu einer prägenden Erfahrung:

Bei der Radioaufnahme war Celan sehr präsent, aber er sprach wie zu sich selbst und in sich hinein. Vor Publikum hatte man dagegen immer das Gefühl, er lese, bisweilen sogar aggressiv, gegen das Publikum an; seine ganze Art war plötzlich kämpferisch geworden. Das stand für mich dann unmittelbar nebeneinander: dort das Gedicht gleichsam neu hervorbringend, hier es den anderen an den Kopf werfend.

Die persönlichen Begegnungen zwischen Celan und Wurm waren nicht allzu häufig, doch sie scheinen von einer für Celan ungewöhnlichen Intensität gewesen zu sein. Celan habe daneben oft angerufen und »Stimmfühlung« gesucht, das erkläre auch so manche scheinbare Lücke im Briefwechsel. Vor allem während der Pariser Maitage 1968 war das Telefon eine ständige Verbindung. Celan gab den jeweils aktuellen Stand des Studentenaufstands durch:

Da ist er ja mitgelaufen. Man hat ihn selten so fröhlich gehört wie in diesen Tagen!

Wenn Celan gelöst war, kehrt in Wurms Erinnerung immer wieder ein Motiv zurück: »Russische Lieder, vor allem Revolutionslieder« habe Celan in diesen Tagen sogar am Telefon gesungen.

Es gab bei Celan daneben eine spezifische jüdische Form der Selbstironie, die sich in Wortspielen mit jiddischen Vokabeln ausdrückte. Franz Wurm erzählt daß etwa bei seinen Eltern das Jiddische fast immer selbstironisch in die Rede mit einfloß – eine prägende Sozialisationserfahrung.

Wurm hatte bis zu ihrem Tod Verbindung zu Celans Witwe Gisèle, und noch heute besucht ihn ab und zu Celans Sohn Eric, der als Artist, als Zauberer, aber auch als Feldenkrais-Pädagoge lebt. Eine Begegnung mit Eric war für Wurm seltsam nachhaltig:

Das war in der Straßenbahn in Zürich, und plötzlich beginnt er da zu jonglieren. Und das vor diesen Leuten hier, die oft mit böse verschlossenen Gesichtern herumfahren – die brachte er zuerst einmal zum Aufweichen und dann zum Lachen. Ohne ein Wort zu sagen. Und da fiel mir auf: Das steckte auch in seinem Vater. Der Vater war auch ein Clown. Und zwar so, wie es Chaplin war. Ein melancholischer Clown.

Die Hochs und Tiefs haben in Wurms Erinnerung bei Celan kurz vor dessen Tod »merkwürdig schnell gewechselt«, doch er hatte nie den Eindruck, daß Celan diese Tiefs wirklich in einen »anderen Zustand« hinüberrissen, »er war immer sehr beherrscht und bewußt«. Kurz vor Celans Tod, im März 1970, war Franz Wurm zwei Wochen lang bei ihm in Paris, im notdürftig eingerichteten Appartement in der Avenue Emile Zola – »das war wie ein Provisorium«. Ein paar Tage später sollte eine Lesung Celans in Stuttgart stattfinden, es war Celans letzter öffentlicher Auftritt, und Wurm spürte, daß sich Celan sehr davor scheute, mehr als sonst. 

Er hat, im Rückblick, merkwürdig darauf insistiert, ich solle mit nach Stuttgart kommen.

Wurm und Celan seien während dieses Besuchs in Paris vor allem »über seinen und meinen Manuskripten gesessen«. Es gab sehr wenige Bücher in der Wohnung. Wurm erinnert sich an einen Band Rilke, einen Band Hölderlin, »möglich, daß noch ein, zwei Wörterbücher da waren«. Vor allem hat ihn Celan aber immer wieder dazu aufgefordert, »sein französisches Handbuch der Mineralogie« zu lesen.

Der Alltag Celans war bei diesem Aufenthalt Wurms skizzenhaft zu erfassen, obwohl Wurm nie private Fragen gestellt hat, nie nachgefragt hat. Wurm wußte sehr genau um die Kompliziertheit der Celanschen Verfassung, er wußte, daß ihn René Char einmal aus einer Internierung in einer psychiatrischen Klinik herausgeholt hatte, mit Worten wie:

Er ist nicht verrückt, aber hier muß er’s werden.

Und Moshe Feldenkrais, Wurms Lehrer, der mit Celan in Paris eineinhalb Jahre lang arbeitete, hatte bewirkt, daß Celan seine Stelle als Lektor bei der Ecole Normale Supérieure von Kulturminister André Malraux unbefristet zugesagt bekam – Celan sollte dort wegen seiner häufigen Abwesenheiten gekündigt werden. Daß Wurm jene »unberechenbaren Momente«, über die bei Celan mittlerweile oft spekuliert wird, nie erlebt hat, führt er auf die »Behutsamkeit« zurück, mit der er ihm begegnete: 

Ich war nur dann unvorsichtig, wenn ich ihm gegenübersaß und das Gefühl hatte, daß es geht. Dann war es allerdings nicht mehr ›unvorsichtig‹, dann war es einfach direkt.

In diesen Tagen gab es mit André du Bouchet etwas zu besprechen, dann kam einmal Jean Daive vorbei, mit Jacques Dupin gab es näheren Kontakt – allesamt französische Dichter, die Celan übersetzte und sie ihrerseits ihn. Wurm erlebte vor allem Edmond Lutrand, den Repräsentanten des Rowohlt-Verlags in Paris, der deutschsprachiger Jude war, als engen Vertrauten Celans:

Irgendwie hat er sich dort behütet, geborgen gefühlt und konnte sich auch gehenlassen. Wir sind da einmal auch einfach reingeschneit, ohne vorherige Anmeldung, Celan sagte nur: Hier bin ich auch zuhause. Sonst blieb Paris ihm Fremde.

Wurm hat durch Celan die Place des Vosges kennengelernt, an einem Abend, an dem Celan viel gesungen hat, noch auf der Straße, die russischen Lieder – »das war eine Unbefangenheit, die sich manchmal einstellte. In einer größeren Gruppe habe ich Celan so nie erlebt. Das war aber nicht auf meine konkrete Person bezogen, das war einfach ein Sich-Loslassen.« Von Landauer, Liebknecht, Luxemburg habe Celan dabei oft gesprochen, die Geschichte dieser Linken habe ihn sehr stark interessiert.

In den Tagen in der Avenue Emile Zola kam die Sprache oft auf die gemeinsamen Wurzeln ihrer Lyrik – Rilke vor allem, Trakl und Georg Heym, zwiespältig war es bei George. Rilke, der Prager, war ein Bezugspunkt, der Celan schon in Czernowitz sehr nahegelegen hatte. Wurm zitierte einmal die Fügung »der Tod, ein bläulicher Absud«. Dieses Gedicht hat für Wurm im nachhinein in diesen Tagen in Paris »eine erschreckende Rolle gespielt« – zuerst stritten sie sich über die Betonung von »Absud«, ob der Akzent auf der ersten oder der zweiten Silbe liege: 

Von da an ist ihm wie mir immer wieder, in verschiedenen Zusammenhängen, ein Fetzen von diesem Gedicht hochgekommen, in die Schweigepausen hinein. Einen Monat später war er tot.

Helmut Böttiger, aus Helmut Böttiger: Orte Paul Celans, Paul Zsolnay Verlag, 1996