Andreas Koziol: Addition der Differenzen (entstanden etwa 1983)
einer hat sich verkommen gestellt
einer hat sich dagegen gebäumt
einen hat irgendein Schlagwort gefällt
einer, der stumpf in den Abend streunt
einen bestrickt nur die eigene Masche
einer erbaut sich an fehlenden Brücken
einer entflammt sich und redet mit Asche
einer ist alle und lässt sich nicht blicken
einer verrennt sich in Worten wie Heimat
einer empfindet die Schwerkraft als Fluch
einer, der ständig den Vater am Bein hat
einer ist ohne Geschmack und Geruch
einer will nichts als ein anderes Leben
einer bemuttert den Wunsch und stirbt ab
einer versucht mit Gewalt zu verblöden
einer bricht über die Schwerkraft den Stab
einer versteht seine Worte als Zeugen
einer als landesweit offenes Grab
einer als Mittel, sich drüber zu beugen
einer verlässt gegen Mittag die Stadt
Andreas Koziol: Tradition der Differenzen (entstanden nach dem Mauerfall)
Einer ist vollkommen förmlich geworden
Einer wurde zur sinnlosen Phrase
Einer ist beinah vor Kummer gestorben
Einem begegnet man noch auf der Straße
Einer versuchte als Toter zu leben
Einer erwachte und war eine Frau
Einer wollte mit keinem mehr reden
Einer verfiel zum Skelett vorm TV
Einer will alles und möglichst sofort
Einer hat nie sich nach Freiheit gesehnt
Einer führt dauernd das vorletzte Wort
Einer wird hier überhaupt nicht erwähnt
Einer geht rückwärts, merkwürdig aufrecht
Einer hob ab, doch er hatte kein Glück
Einer kommt vorwärts, wirkt aber unecht
Einer fällt hinter die Einheit zurück
Einer verarmte und flog aus der Wohnung
Ist unterwegs nach erschwinglichen Nestern
Einer stutzte vorm Spiegel, zur Schonung
Liest er nur noch die Zeitung von gestern
Einen hat selbst die Erinn’rung verlassen
Einer, den glatt sein Gedächtnis erschlug
Einer ist nicht mehr mit Worten zu fassen
Einer ist still jetzt, sonst geht’s ihm gut