Ilma Rakusa: Die Risse sind nicht ahnbar

 

Die Risse sind nicht ahnbar
bis sie plötzlich da sind
zack
das Leben sich teilt in
Davor und Danach
vorbei die Unschuld
des Blicks der Gesten
das Wissen schläft nicht
kriecht in alle Ritzen
gärt wie Hefeteig
nur schwarz
pechschwarz
das nennt sich Karzer
oder letzte Anordnung
für Schmerz
o Sohn ich habe Angst
im Landeskrankenhaus
sah ich den Engel
der dich schützen soll
hell und zugeneigt
dann kam der Schlag
ganz hinterrücks
und schrankenlose Wartezeiten
du bist
ich bin
doch sind wir jetzt nicht mehr
die gleichen

20. November 2021