Ich überlasse der Zukunft die Geschichte Apollinaires.
(LXII)
Der Mai 1902
verlockt den Dichter zu weiteren Reisen. Von München aus besucht er Nürnberg, wo er das Germanische Museum besucht und gründlich besichtigt; er findet es »großartig«, es regt ihn zum Schreiben von Betrachtungen an. Auf München folgen Stuttgart, Speyer, Heidelberg, Darmstadt, Frankfurt, Wiesbaden, Düsseldorf, Mainz, Koblenz, Trier, Ems, worauf er wieder nach Honnef zurückkehrt. Vielleicht mehr als der Beruf lockt ihn auch weiterhin Annie, die noch immer unzugänglich bleibt. Er meint immerhin zu bemerken, daß in ihr während seiner Abwesenheit nun doch die Liebe erwacht sei. »Das junge Mädchen ist nicht unempfindlich, fürchtet aber seine allzusehr zum Phantastischen geneigte Veranlagung…«, schreibt Décaudin in »Dossiers d’Alcools« (Kommentare zu Alcools). Apollinaires bemächtigt sich eine bedrückende Melancholie, die jedoch auf seine Inspiration befruchtend wirkt. Er trachtet Annies Zuneigung nicht nur durch Inhalt und Stimmung seiner Gedichte zu gewinnen, er will ihr auch durch die Publikation seiner Arbeiten imponieren. In Lautersdorf schreibt er »Mai«, in Honnef »Nuit rhénane (Rheinländische Nacht), in Oberplais »Les Cloches« (Die Glocken) – »das Thema fluchbeladener Liebe in Liedform« –, in Bacharach »La Loreley«, inspiriert von Gedichten Brentanos und Heines.
Vladimír Diviš: Apollinaire. Chronik eines Dichterlebens. Deutsch von Aleš Krejča, Artia, 1966









