Ich überlasse der Zukunft die Geschichte Apollinaires.
(LIX)
Februar 1902.
Offenbar nach einem heftigen Streit mit Annie bittet er Madame de Milhau um Urlaub, den er auf einer Reise durch das damalige Deutschland und Österreich verbringen will. Oder war es der Gedanke der feinfühligen Aristokratin, der die Beziehungen der beiden jungen Leute nicht verborgen blieben und die sie durch zeitweilige Trennung vergessen lassen wollte?
Apollinaire begibt sich im Februar, einer nicht gerade günstigen Reisezeit, auf eine nahezu Verlainesche Vagabondage, die von Anfang an dichterisch fruchtbar ist. Sein erster Aufenthalt ist Köln am Rhein, wo gerade der berühmte Karneval gefeiert wird. Der mächtige Kölner Dom, der sich mit seinen beiden gotischen Türmen inmitten eines modernen Platzes erhebt, wirkt stark auf seinen aufgewühlten Geist, sein erhitztes Gefühl. Noch in Köln schreibt er das Gedicht „Le Dome de Cologne“ (Der Kölner Dom), auf dem Manuskript datiert und lokalisiert: »Cologne, février 1902«.
Eindrücke, die sein seelischer Organismus aufsaugt und für immer aufbewahrt, treten in dichterischer Transkription Jahre später wieder in Erscheinung. Von Köln setzt er seine Reise über Hildesheim nach Berlin fort, das er als „eine schreckliche und freundliche Stadt“ charakterisiert.
Alles, was ihr den äußeren Anblick einer Hauptstadt zu geben trachtet, ist furchtbar geschmacklos. Übrigens ist es nebensächlich, welche der Städte des Kaiserreiches interessanter ist als diese Stadt ohne Kirchen.
Das einzige, was ihn dort fesselt, sind »einige Schlösser der Umgebung, einige Bilder im alten Museum und der Pergamonaltar«. Im übrigen ist „die Reise nach Berlin nutzlos“, schreibt er in einem Artikel über den Berliner Pergamonaltar.
Dann geht die Reise nach Süden, nach Dresden und von dort längs der Elbe nach Böhmen, nach Prag.
Vladimír Diviš: Apollinaire. Chronik eines Dichterlebens. Deutsch von Aleš Krejča, Artia, 1966









