Der Kurtbartsch

Der Kurtbartsch

Der Kurtbartsch ist ein Schneekater und kann im Slang auch als Nachtigall des (berliner) Ostens gehen. Sein im Wesentlichen schmuckloser Schnabel ist mit einem sog. Brecht-Eisen verschmolzen, man könnte sagen, »wie ein Erz und eine Kehle«, und er hat daraus keinen Hehl gemacht, geschweige denn bloß einen Scherz. Er baut unter dieser Voraussetzung so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, sein Lied, indem er mit dem erwähnten Eisen eine verfremdete Note anschlägt, die sich sogleich in der Sprache jener Schicksale, die er aufgreift, als eigener Akzent wiederfindet. Vorübergehend reibt er sich auch an den künstlichen Stoffen anderer Artgenossen, bis sein Schnabel mit roten Fäden geladen ist und die Mangel der Nachahmung unter Spannung setzt bzw. »witzt«. Daß man darüber lachen kann, wenn es dann z.B. wabert wie ein Kant, oder klickert wie ein Mickel, oder rübelt wie ein Rühmkorf oder dampft wie ein Müller oder wedelt wie ein Hacks, (nicht polemisch zu verstehen, sondern als ›Mangelwahrheit‹.) zeigt den Kurtbartsch neben seiner Rolle als Fremdenführer durch den Eigensinn berühmter oder anonymer Schicksale als einen Eulenspiegel auf dem Zwerchfeld des O-Tons. (Spottesacker hinter dem Haus der Neugier)

Andreas Koziol aus Bestiarium Literaricum, Druckhaus Galrev, 1991